Wurfkurs oder doch lieber selber lernen?

Für viele angehende Fliegenfischer stellt sich die Frage, ob man zu Beginn einen Wurfkurs besuchen sollte oder ob man darauf verzichten kann.

In diversen Foren wird die Meinung vertreten, man solle auf jeden Fall zu Beginn einen Kurs besuchen, da man sich sonst Wurffehler aneigne, die man später kaum wieder los werden kann. Oft wird diese Aussage anscheinend völlig unreflektiert übernommen, eine Diskussion darüber ist somit völlig sinnfrei.

Gleich zu Anfang muß ich klarstellen, daß ich keineswegs ein Gegner von Wurfkursen bin. Ich halte jedoch nichts von der Darstellung, daß man ohne einen Kursbesuch zu einem Werfer wird, der sich kaum zu korrigierende Wurffehler aneignet. Damit das Hauptargument der Pro-Kurs-Fraktion ein entsprechendes Gewicht hat, müsste man davon ausgehen, daß Anfänger nach einem guten Kurs entweder fehlerfrei werfen oder nur noch Fehler machen, die man jederzeit leicht wieder ausmerzen kann. Das stimmt aber schlichtweg nicht. Nicht umsonst arbeiten viele gute Werfer über Jahre hinweg an ihrem Wurfstil und entdecken immer wieder kleine Fehler, die es auszumerzen gilt.

Meiner Ansicht nach kann jeder, der bereit ist regelmäßig zu trainieren, Bücher zu lesen und das eine oder andere Video anzuschauen das Fliegenwerfen auch ohne den Besuch eines Wurfkurses erlernen. Ein Wurfkurs vermittelt letztlich die gleichen Inhalte wie sie in zahllosen anderen Quellen auch zu finden sind. Nichtsdestotrotz wird es in den meisten Fällen so sein, daß man gerade am Anfang durch geeignete Unterstützung – egal ob durch einen Kurs oder einen fähigen Kumpel – schneller seine gewünschten Ziele erreicht.

Aber egal, für welchen Weg man sich entscheidet, weder macht einen ein zweitägiger Kurs noch das Lesen eines Buches zu einem guten Fliegenwerfer. Der wirklich wichtigste Aspekt ist regelmäßiges Training. Bücher und Videos können das Training lediglich anleiten und durch Übungsideen bereichern.

Gute Quellen zum eigenständigen Lernen

Man mag mich für bescheuert halten aber ich habe tatsächlich so ziemlich alles konsumiert, was man auf Amazon, Vimeo, Youtube, onemorelastcast und sexyloops finden konnte. Deshalb möchte ich hier ein paar Quellen zusammenstellen, die ich für besonders gut halte.

Die Videolektionen von Paul Arden (sexyloops.com) beinhalten eigentlich genug Stoff um sich damit 2-3 Jahre bei regelmäßigem Training zu beschäftigen.
Theoretisch kann man sein Fundament zunächst mit Hilfe des Buches von Lefty Kreh aufbauen. Ich habe auch die anderen Bücher von ihm gelesen, finde aber ehrlich gesagt, daß sich seine Bücher stark ähneln, das hier aufgeführte Buch kommt dabei noch am modernsten rüber. Das Buch enthält sicherlich die eine oder andere Formulierung, die man hätte besser wählen können aber dennoch hat mir Lefty meinen Einstieg deutlich erleichtert. Etwas tiefer in die Theorie und teilweise auch aus anderen Blickwinkeln betrachtet, führt einen das Buch von John Field ein. Das Buch von Simon Gawesworth behandelt das breite Spektrum der Spey-Techniken, die in Paul Ardens Videoreihe erst in den höheren Lektionen vermittelt werden. Bei den Büchern folgt Jason Borger einem völlig anderen Ansatz. Sein Buch beschreibt vielmehr einzelne Teilbewegungen, die sogenannte Module bilden. Im Laufe des Buches werden diese Module dann zusammengesetzt und dadurch die verschiedenen Wurftechniken gebildet. Ich selber tue mich mit diesem Lernkonzept etwas schwer, habe das Buch allerdings trotzdem mit aufgeführt, weil es bezüglich der Erklärungen und des theoretischen Niveaus zweifelsfrei das beste ist, was ich bisher in Büchern zum Thema gelesen habe.
Last but not least wären da noch einige Blogs, die absolut phantastisch sind! Die beiden hier aufgeführten beschäftigen sich, wie ich finde, auf eine sehr angenehme Weise mit dem Thema. Hier wird wirklich alles hinterfragt und egal wie groß der Name irgendeines Meisters auch sein mag, diese Blogs zeigen keinerlei Respekt 😉

Vorgehen zum eigenständigen Lernen

Mein Tip wäre, egal ob mit oder ohne vorherigen Kurs, mit den Videos von Paul zu starten. Die ersten fünf Folgen kann man sich durchaus am Stück anschauen. Danach sollte man aber tatsächlich auf die Wiese und die Dreiecksübung machen. Die wird auch in jedem guten Kurs für einige Stunden gemacht. Ich würde sie sogar mehrere Tage machen! Im Idealfall kann man zwischen den Übungspausen immer mal wieder in die Videos schauen und seine Würfe mit Pauls abgleichen. Vielleicht besteht sogar die Möglichkeit sich per Video selber aufzunehmen.
Es ist durchaus sinnvoll parallel dazu das Buch von Lefty zu lesen und später natürlich auch die anderen. Bis Video zwölf kann es durchaus einige Wochen oder Monate dauern, zumindest wenn man Wert auf eine saubere Ausführung legt. Denn wie schreibt Lefty z.B.: „Most fishermen use the double haul to throw their casting mistakes further.“

Wann lohnt sich ein Kurs?

Für jene, die weder die Zeit noch die Lust haben, sich in Fachliteratur einzulesen oder die einfach nur die Anfangsschwierigkeiten etwas abmildern möchten, würde ich durchaus zu einem Kurs raten. Ebenso gibt es Zeiten, in denen ein Wurfkurs für Fortgeschrittene sinnvoll ist. Im Laufe seiner werferischen Entwicklung kommt es immer wieder vor, daß man an einem Plateau ankommt an dem es scheinbar nicht weitergeht. Ein erfahrener Wurflehrer kann dabei helfen, dieses Plateau schneller wieder zu verlassen, denn in den allermeisten Fällen steckt man fest, weil man irgendeinen kleinen Wurffehler bei sich selber nicht erkennt. Je fortgeschrittener man ist und desto kleiner die gemachten Fehler sind, desto schwerer ist es die Fehler zu erkennen und desto länger hängt man auf seinem Leistungsplateau fest.

Was macht einen guten Kurs aus?

Gerade als Anfänger ist es nicht leicht, zu erkennen wer zum einen ein guter Werfer ist und zum anderen auch noch in der Lage ist, sein Wissen weiterzugeben. Was man aber auch als Anfänger beurteilen kann, ist z.B. die Größe der Lerngruppe. Ich habe selber schon als Außenstehender bekannte Lehrer aus der Fliegenfischerszene bei einem Kurs beobachten können, in dem über zehn Personen auf der Wiese standen um das Werfen zu erlernen. Es muß einem klar sein, daß unabhängig von der Qualität der Wurflehrer, die gebuchte Zeit auf die entsprechende Anzahl der Teilnehmer verteilt ist. Bei einem Zweitageskurs mit je vier Stunden und zehn Teilnehmern erhält man selber also etwa 20 Minuten Betreuung pro Tag. Solche Kurse sind aus meiner Sicht nur dann hilfreich, wenn sie im wöchentlichen oder zweiwöchentlichen Abständen für einen vernünftigen Preis angeboten werden.

Je nachdem wo man wohnt, kann man es sich möglicherweise nicht aussuchen, wessen Kurs man besucht und man muß eventuell auch mal bereit sein für ein Wochenende 200€-300€ zu investieren obwohl die Gruppengröße ein klares Zeichen für das finanzielle Interesse des Wurflehrers ist. Das muß dann jeder für sich entscheiden. Den gleichen Preis zu zahlen und dann in einer Kleingruppe unterrichtet zu werden, ist hingegen mehr als fair. Man darf nicht vergessen, daß der Wurflehrer sein Wochenende opfert und statt Ihnen das Werfen beizubringen genauso gut die Zeit mit Freunden am Wasser verbringen könnte.

Fazit

Es gibt unterschiedliche Lerntypen und nicht zu vergessen unterschiedliche Randbedingungen. Wer beruflich oder privat viel um die Ohren hat, ist mit einem Kurs häufig besser bedient. Es gibt aber auch die Selbstlernertypen, für diese Menschen ist es genauso gut möglich in das Fliegenfischen einzusteigen. Kurse können einem aber dann und wann etwas Zeit ersparen, nämlich gerade am Anfang und immer dann, wenn man sich als Fortgeschrittener auf einem Lernplateau befindet.

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