Als ich mit dem Fliegenfischen anfing oder besser gesagt anfangen wollte, stand ich nach einiger Recherche vor einer scheinbar unlösbaren Aufgabe. Da war von Schnurklassen, verschiedenen Aktionen, WF-Schnüren, DT-Schnüren und TT-Schnüren sowie von gezogenen Vorfächern, Backing, und und und die Rede. Alles wurde in diversen Foren ausgiebig diskutiert und dummerweise gingen die Meinungen zu dem was gut bzw. sinnvoll ist teils deutlich auseinander.
Bis damals dachte ich immer, bei den Karpfenanglern würde übertrieben, dem war offensichtlich nicht so.
Naja, ich bin dann vor ein paar Jahren auf ein Angebot der Zeitschrift Fliegenfischen gestoßen, die boten zu einem Zweijahresabo gleich ein Starterkit mit an. Perfekt dachte ich damals, da habe ich alle zwei Monate etwas zum Einlesen in die Materie und Rute, Rolle und Schnur werden mir „perfekt“ aufeinander abgestimmt nach Hause geliefert.
Die Greys GR10 Fliegenrute sollte dank ihrer Aktion perfekt für Anfänger geeignet sein und Wurffehler „verzeihen“.
Mein Gott, war ich damals naiv!
Die richtige Ausrüstung für Einsteiger
Ich möchte Ihnen diesen Mist ersparen und für ein einfaches Beispielszenario eine Kombination zusammenstellen, von der ich überzeugt bin, daß diese besser als die überall erhältlichen Komplettsets sind.
Prioritäten setzen
Wie bei jeder Angelei kann man etliche Stellschrauben drehen und sein Equipment immer mehr an die Erfordernisse anpassen. Doch gerade am Anfang kennt man diese Erfordernisse noch gar nicht, deswegen halte ich es für wichtig Prioritäten zu setzen und sich nicht gleich am Anfang in Detailfragen zu verlieren. Was wir eigentlich immer benötigen sind folgende Dinge:
- Köder („Fliegen“)
- Fliegenschnur (in Schnurklasse X)
- Rute (in Schnurklasse X)
- Rolle (in Schnurklasse X)
- Vorfach
Die erste Unbekannte, die hier gelöst werden muß ist die sogenannte Schnurklasse, diese ist vergleichbar mit dem Wurfgewicht bei anderen Angelarten und letztlich davon abhängig, welchen Köder man auswerfen möchte – so einfach ist das!
Je größer die Schnurklasse, desto größer ist das Wurfgewicht. Es gibt also keine Allroundausrüstung.
Anfängern kann ich übrigens nur empfehlen den leichtesten Köder zu verwenden, der für die jeweilige Fischart denkbar ist. Je schwerer der Köder, desto schwerer wird es diesen vernünftig zu werfen. Als Anfänger gleich dicke Streamer werfen zu wollen, wird eher in Frust als Spaß ausarten.
Ich beschreibe nun mal beispielhaft eine Ausrüstungsliste für kleine Flüßchen an denen man es z.B. auf Forelle oder Döbel abgesehen hat.
Kleine Flüßchen sind für mich Gewässer, die man mit der Hüftwathose durchwaten kann. Man muß hier weder große Tiefen abfischen noch muß man mit 200m-Fluchten beim Drill rechnen. Was bedeutet das für unsere Prioritätenliste?
Als Köder kommen hier Eintagsfliegen und Köcherfliegen in ihren typischen Entwicklungsstadien von der Nymphe bis hin zum flugfähigen Insekt in Frage. Diese werden auf die Hakengrößen 12-18
gebunden und lassen sich mit den Schnurklassen #3 – #6 gut werfen.
Wer häufiger auch mal auf Rotaugen angeln möchte, tendiert zur #3, wer auch mal mit einer 70er Regenbogenforelle rechnen muß, wählt besser die #5 oder #6. Die #5 oder #6 hat zudem noch den Vorteil, daß man die Schnur aufgrund des höheren Gewichtes beim Werfen besser spürt. Wenn man also nicht ausschließlich am kleinen Wiesenbach angelt, würde ich eher zur #5 bis #6 tendieren.
OK, weiter gehts. In diesem Szenario braucht man definitiv keine Rolle mit supadupakrassem Bremssystem, als Rolle genügt hier wirklich alles, was irgendwie fähig ist die Schnur aufzubewahren.
Meine Empfehlung:
- Rute: Eine gebrauchte #5 oder #6 von einem Markenhersteller. Bei Kleinanzeigen bekommt man immer wieder vernünftige Ruten aus Vorjahresserien für 100€-200€. Ja, das hört sich viel an aber man hat dann in der Regel auch etwas Gescheites.
- Rolle: Hier würde ich ein günstiges aber dennoch top verarbeitetes Modell vom chinesischen Produzenten Maxcatch empfehlen. „Maxcatch Tail #5/6“. Diese Rolle besitze ich selber und für das Geld bekommt man von keinem einzigen Markenhersteller etwas vergleichbares, nichtmal gebraucht! Die Rolle kostet bei eBay 45€, manchmal sogar nur 38€.
- Fliegenschnur: Guideline – Control 3.0 oder Presentation passend zur Rute; 60€
- Backing: Das ist sozusagen die Unterfütterung auf der Spule. Das würde ich auch von Maxcatch beziehen, da es oftmals 15% Rabatt gibt, wenn man zwei Artikel kauft! (Kostet ca. 10€)
- gezogene Vorfächer: Ebenfalls von Maxcatch und zwar in der Länge 9 ft oder 12 ft und einem Spitzendurchmesser von 5X (entspricht einer 0,15 Schnur); kosten etwa 8€ / 10Stück. Das sind zwar nicht die besten Vorfächer aber gerade am Anfang ist der Verschleiß Aufgrund von Wurfknoten so hoch, daß man bei Markenvorfächern – die tatsächlich das 10-Fache kosten können – schnell ganz arm wird.
- Bei z.B. Paderfliegen bestellt man sich jetzt noch ein paar Trockenfliegen und Nymphen.
Läßt man die Rute bei der Berechnung außen vor, kommen ca. 130€-150€ zusammen, mit Rute sollte man ab 250€ bereits eine ziemlich gute Ausrüstung zusammenstellen können, die auch nach einigen Jahren Freude bereiten kann.
Achja, investieren Sie irgendwann noch ein paar Euro und etwas Zeit für die Schnurpflege. Je nach Gewässer kann die Schnur recht schnell stumpf werden (an der Ruhr bemerke ich das bereits nach einigen Stunden), sie gleitet dann nicht mehr so schön durch die Rutenringe was man durch mehr Kraft beim Werfen auszugleichen versucht. Sie können dafür spezielle Schnurpflege verwenden oder ganz einfach irgendein Silikonspray (Cockpitpflege). Ich reinige meine Schnur nach jedem Ausflug ans Wasser!