Über das Argument, ohne Wurfkurs eigne man sich dauerhaft Wurffehler an, hatte ich mich ja schon einmal geäußert. Wurffehler bzw. schlechte Angewohnheiten finden sich bei jedem Fliegenfischer. Es sind nicht immer die gleichen Fehler und ganz sicher sind sie nicht bei allen gleich stark ausgeprägt, dennoch kann sich niemand davon freisprechen.
Ursache von Wurffehlern
Wurffehler muß man meiner Ansicht nach in verschiedene Kategorien einteilen. Zum einen gibt es Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen, bei denen vom steifen Knie bis hin zur entzündeten Schulter alles Einfluß auf die Ausführung des Wurfablaufes nehmen kann. Zum anderen gibt es Wurffehler, die aus Egogründen oder Verständnisproblemen resultieren.
Erstere sind sehr individuell und lassen sich nicht durch ein paar schlaue Sprüche beheben. Letztere kann man jedoch mit ein bißchen Ehrgeiz gezielt angehen.
Das Training unter Einfluß des eigenen Egos
Ich erwische mich selber oft dabei, wie ich auf der Wiese einen Distanzwurf nach dem anderen durchführe, nur um meinen Endorphinspiegel bei einem guten Wurf nach oben zu treiben. Was aber bedeutet diese Art des Trainings in Wahrheit? Letztlich trainiere ich auf diese Weise stets am bzw. oftmals über dem Limit meiner eigenen Fähigkeiten. Wenn ich mich jedoch über dem Limitbereich bewege, dann kommen bei jedem einzelnen Wurf Ungenauigkeiten in den Bewegungsablauf. Man kann nicht einerseits versuchen immer höhere Schnurgeschwindigkeiten zu erzielen, ohne dabei Unsauberkeiten in der Beschleunigung oder der Wurfgeraden in Kauf zu nehmen. Instinktiv versucht man die auftretenden Wurffehler durch den Einsatz von „mehr“ Kraft zu kompensieren. Das führt in der Regel jedoch zu noch größeren Ungenauigkeiten. Langfristig forciert diese Art des Trainings, daß sich Wurffehler in das Muskelgedächtnis einprägen und dann nur mit viel Arbeit wieder behoben werden können.
Besser ist es, man läßt beim Training das Ego außen vor und trainiert nicht ständig über dem Limit seiner Fähigkeiten. Mittlerweile bin ich der festen Überzeugung, daß ein Training unterhalb des Limits schneller zum Erfolg führt als eines, das darauf abzielt das eigene Ego zu befriedigen. Das Werfen sollte elegant und mit einer offensichtlichen Leichtigkeit erfolgen, die gewünschten Erfolge (meist Distanzen) kommen dann von ganz alleine. Trainiert man den Großteil der Zeit im „Komfortbereich“, lassen sich die Bewegungsabläufe viel schneller perfektionieren, wodurch sich das persönliche Limit ganz automatisch weiter nach oben verschiebt.
Beheben von Verständnisproblemen
In der Literatur findet man für ein und den selben Wurfablauf oft viele unterschiedliche – manchmal gar widersprüchliche – Beschreibungen.
Da wird einmal der Einsatz des Handgelenkes in Form des „Power Snaps“ erläutert, an anderer Stelle heißt es, das Handgelenk gehört zu den verbotenen Gelenken beim Fliegenwerfen.
Ein weiteres Beispiel ist Lefty Kreh: „The line will go in the direction the rod tip speeds up and stops“. Das funktioniert im Kopf solange, bis man zum ersten mal einen Snap-Cast gesehen hat.
Tatsächlich gibt es aus meiner Sicht nur eine Möglichkeit diese Ungereimtheiten anzugehen. Ich denke, man muß ganz einfach die Grundprinzipien verstehen und begreifen, daß die meisten Beschreibungen von Wurfabläufen schlichtweg typabhängig sind.
Wenn ein Wurflehrer die Erfahrung gemacht hat, daß der Großteil seiner Schüler beim Werfen exzessiv das Handgelenk einsetzt, dann wird er möglicherweise generell von einem Handgelenkeinsatz abraten, in der Hoffnung, daß dieses dann weniger genutzt wird.
Genauso wird man einem Anfänger das „Timing“ beim Doppelzug anders erklären als jemandem, der bereits ein grundlegendes Verständnis entwickelt hat.
Mein Tip wäre also, die Anweisungen, dessen Begründung man noch nicht verstanden hat, zunächst einmal anzunehmen. Im Laufe der Zeit wird man ganz von alleine Anweisungen, die eher den Anfänger ansprechen, herausfiltern können. Schneller geht das natürlich durch … lesen, lesen, lesen – am Besten natürlich hier bei uns 😉