Der richtige Anker

Bei allen Wasserwürfen, angefangen beim Rollwurf bis hin zu den Speytechniken, wird stets ein sogenannter Ankerpunkt gesetzt. Beim Rollwurf wird die Rutenspitze zunächst nach oben und zum Werfer hin bewegt, bis sich hinter dem Werfer das sogenannte „D“ ausbildet. Den auf dem Wasser verbleibenden Teil der Schnur bezeichnet man dabei als Anker.

Je dynamischer der Bewegungsablauf durchgeführt wird, desto größer ist das „D“, das hierbei gebildet werden kann.

Ohne Wasserkontakt bzw. auf einem absolut reibungsfreien Untergrund würde die Schnur übrigens kein „D“ ausbilden sondern einfach nach hinten auslaufen. Man hätte in diesem Fall einen Bewegungsablauf, den man als Übergang zum Gebetsroitherstil bezeichnen könnte, die Schnur würde sich also einfach nach hinten ausrollen. Bei den Wasserwürfen ist aber gerade dies nicht gewünscht, weil sie den Vorteil bieten auch bei beengtem Rückraum einen vernünftigen Wurf zu erlauben. Somit muß also das Ausrollen der Schnurschlaufe nach hinten dadurch verhindert werden, daß das Schnurende sich an der Wasseroberfläche „festbeißt“ (Adhäsion). Das Ankersetzen ist also hier essentieller Bestandteil der Würfe.

Häufig wird geschrieben oder erzählt, soundsoviel Meter Schnur bildeten den korrekten Anker, die einen reden von 30 Zentimetern, andere von einem Meter Schnur, die die Wasseroberfläche berühren sollen.

Betrachten wir aber nochmal die Ausnahme beim Rollwurf, bei dem ja ein Großteil der Schnur auf der Wasseroberfläche verbleibt . Zum einen ist wegen der fehlenden Dynamik „eigentlich“ gar kein Anker also Wasserkontakt notwendig, denn ohne echten Rückschwung besteht auch nicht die Gefahr des Ausrollens der Schnur. Die Gravitation macht uns natürlich einen Strich durch die Rechnung, der Wasserkontakt läßt sich also gar nicht vermeiden und deswegen muß beim Vorwärtswurf ordentlich Energie aufgewendet werden um die Adhäsion der aufliegenden Schnur aufzuheben, was den Rollwurf etwas ineffizienter aber je nach Situation nicht unbedingt überflüssig macht.

Beim Switchcast (dynamischen Rollwurf) hingegen hat die Schnur gar keine Zeit sich großartig auf die Wasseroberfläche zu legen, der Anker fällt hier deutlich kleiner aus, was sich in einer deutlich gesteigerten Effizienz bemerkbar macht.

Wie viel Schnur sollte aber nun die Wasseroberfläche tatsächlich berühren? Sind es einen Meter, 30 Zentimeter, … was ist die ideale Schnurlänge mit Wasserkontakt?

Die Antwort ist mit dem bisherigen Wissen eigentlich ganz einfach zu beantworten. Die Lösung lautet „sowenig wie möglich und soviel wie nötig“. Es hängt ganz einfach von der Größe des erzeugten „Ds“ ab. Bei einem sehr dynamischen Wurf mit dem Ziel ein großes „D“ zu erzeugen muß der Anker stark genug sein, damit die Schnur nicht nach hinten durchflutscht, es können also durchaus auch einige Meter Schnur auf der Wasseroberfläche nötig sein, hingegen wird die Dynamik für ein vergleichsweise kleines „D“ einen deutlich kleineren Anker von vielleicht nur wenigen Zentimetern benötigen (siehe Titelbild).

Es ist also ähnlich sinnfrei zu sagen, ein Anker müsse soundso lang ausfallen, wie die bekannte „10 Uhr – 14 Uhr“-Anleitung beim Überkopfwurf.

Ich schrieb weiter oben, daß beim Rollwurf „eigentlich“ gar kein Anker notwendig ist, da die Schnur bei der Bildung des Ds ja eh nicht nach hinten abrauschen kann. Es gibt aber noch einen weiteren Einfluß, den der Anker auf den Rollwurf und seine artverwandten Würfe ausübt.

Im letzten Augenblick, kurz bevor alle Schnur von der Oberfläche abgehoben wird, erhält der untere Schnurteil einen Zug nach hinten, wodurch leider ein Teil der Energie verschwendet wird. Der Anker verhindert dies zumindest teilweise.

Hier kurz vor dem Stop, erhält der untere Schnurteil einen Zug nach hinten.

Ein häufiges Mißverständnis besteht darin, daß einige der Ansicht sind, der Anker wäre notwendig, weil durch ihn die Rute bereits eine “Ladung” vor der eigentlichen Vorwärtswurfbewegung – sozusagen eine Vorspannung – erhielte. Wie man aber auf dem Titelbild unschwer erkennen kann, ist dies nicht der Fall!

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Artikel von Aitor Coterón Agorria, der auf seinem Blog übrigens noch einige weitere sehr gute Artikel veröffentlicht hat.

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