Jeder kennt die Erklärung, man müsse die Fliegenrute progressiv beschleunigen und dann abrupt abstoppen, damit sich das Stöckchen entladen und die Schlaufe entwickeln könne.
Ich bin der Ansicht, diese Beschreibung bedarf einer kleinen Erklärung. Die Schlaufe entwickelt sich nämlich just in dem Moment, in dem sich die Rutenspitze langsamer bewegt als die Schnur, die sie bis zu diesem Moment noch gezogen hat. Rein theoretisch kann man also die Rute nach dem Erreichen der Maximalgeschwindigkeit ganz entspannt abbremsen und die Schlaufe wird sich nach vorne (oder hinten) ausrollen.
Der Grund, warum man sehr häufig liest oder hört, ein möglichst kurzer bzw. abrupter Stop sei wesentlich für die Entwicklung einer schönen Schlaufe ist die Einschränkung unseres Bewegungsapparates!
Stellen Sie sich vor, sie würden die Rute einmal eher entspannt abbremsen und einmal möglichst abrupt stoppen und stellen Sie sich weiter vor, Sie würden in beiden Fällen zuvor die Schnur auf eine gewünschte Maximalgeschwindigkeit beschleunigen. Bedenken Sie dabei, daß Ihnen in beiden Fällen ein Beschleunigungsweg zur Verfügung steht, der etwa der zweifachen Armlänge entspricht.
Beim langsamen Abbremsen opfern Sie sozusagen einen Teil Ihres Wurfweges, wodurch für die Beschleunigung auf die Maximalgeschwindigkeit nur noch ein entsprechend kleiner Anteil des Weges zur Verfügung steht.
Schaffen Sie es hingegen die Rute erst zum Ende Ihrer Wurfbewegung, also sehr abrupt zu stoppen, bleibt Ihnen ein entsprechend längerer Weg für die Beschleunigung.
Rein theoretisch wären beide Varianten völlig in Ordnung und keine der beiden Vorgehensweisen widerspricht der Grundidee, die besagt, die Rutenspitze müsse sich möglichst präzise auf einer gedachten Geraden bewegen.
In der Praxis sieht die Sache allerdings etwas anders aus:
Wir erinnern uns: Energie = Kraft x Weg. Um also die notwendige Energie in die Schnur zu übertragen, muß man bei einem kurzen Weg mehr Kraft aufbringen, also stärker beschleunigen. Die Kraft läßt sich allerdings sehr viel schwerer kontrollieren als der Weg, was sich letztlich negativ auf das Schlaufenbild auswirken wird.
Wirklich entscheidend wird der richtige (abrupte) Stop bei Würfen auf etwas größere Distanzen. Denn auf kurzen Distanzen kann man den verkürzten Beschleunigungsweg, der aus einem langsamen Abstoppen resultiert natürlich durch weniger Kraft ausgleichen und man erhält immer noch eine brauchbare Schlaufe. Für weite Würfe muß man jedoch das Maximum an Kraft und Beschleunigungsweg herausholen, das (!!!) für einen persönlich noch gut kontrollierbar ist, und den Beschleunigungsweg maximieren Sie nunmal durch einen satten Stop.
Einsatz der Zughand
Wie bereits erwähnt, entwickelt sich die Schlaufe, sobald die Schnurgeschwindigkeit größer als die Geschwindigkeit der Rutenspitze ist, also unmittelbar nach Erreichen der maximalen Geschwindigkeit. Die Geschwindigkeit der Rutenspitze wächst während des Wurfablaufes aufgrund der (positiven) Beschleunigung an. Im ersten Augenblick könnte man vermuten, die (positive) Beschleunigung findet bis zum Stoppen der Rute statt, dem ist aber nicht so. Denn das Stoppen bzw. Abbremsen der Rute bewirkt zwar eine Reduktion der Beschleunigung, so lange die Rutenspitze allerdings noch nicht vollständig entspannt ist, ist die Beschleunigung immer noch positiv und steigert die Schnurgeschwindigkeit. Erst, wenn die Rute vollständig gerade ist (RSP 1 – rod straight position) bzw. wenn sie in die Gegenbewegung übergeht, wird die Beschleunigung negativ und die Schnur überholt die Spitze (Schlaufenbildung).
Bis zu exakt diesem Zeitpunkt setzen wir die Schnurhand ein, der Zug endet zeitlich also nicht mit dem Stop der Rutenhand sondern ein Sekundenbruchteil später beim oder ganz kurz vor dem (RSP 1).
Den Start des Zuges bestimmen somit einzig und alleine die Länge und die Geschwindigkeit, mit der der Zug ausgeführt wird. Sie können bereits zu Beginn des Wurfes die Zughand einsetzen, Sie können den Zug aber auch erst später, z.B. während der Rotationsbewegung starten.
Für hohe Schnurgeschwindigkeiten ist ein schneller Zug mit der Schnurhand nötig und somit auch ein spätes Einsetzen der Schnurhand. Arbeiten Sie sich langsam vor und starten den Zug nach und nach immer später. Für große Distanzen ist es notwendig, daß die Zughand frühestens startet, wenn die Rotationsbewegung der Rutenhand die Rute bereits in die 90 Grad Position gebracht hat.